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07. Oktober 2011, 16.30 Uhr

Sabot-Residenz, Fabrica de Pensule (str. Henri Barbusse 53-55)

Vergessene Fahnen


 

Korsakow-Installation von Florian Thalhofer

Die Grenzen zwischen Dokumentarfilm und Medienkunst verschwimmen in Florian Thalhofers Werk. Mittels eines von ihm selbst entwickelten Computerprogramms nähert sich der Berliner Künstler seinem Thema auf eine verblüffende und ungewohnte Weise. Er erzählt Geschichten und behandelt Themen nicht-linear. Anders als in einem Dokumentarfilm bestimmt der Zuschauer selbst, wie der Film weitergeht.

„Vergessene Fahnen“ behandelt das sehr komplexen Verhältnis der Deutschen zu ihrer Fahne. Lange Zeit taten sich die Deutschen schwer mit nationaler Symbolik. Während der Fußball-WM 2006 im eigenen Land schien dies anders. Über all an Autos und Fenstern sah man Schwarz-rot-gold. So plötzlich dieses Fahnenmeer entstand, so plötzlich war es nach der WM verschwunden. Die Leute holten ihre Flaggen wieder ein – bis auf einige Ausnahmen.

Ein halbes Jahr nach der Fußball-WM besuchte Florian Thalhofer Menschen, die auch Monate nach der schwarz-rot-goldenen Party ihre Flagge hängen ließen und fragte sie ein wenig ungläubig, warum. „Ich bin stolz auf Deutschland, weil wir ein so gutes Sozialsystem haben“, sagt eine Frau aus Baden-Württemberg. Der Filmemacher trifft auch auf einen jungen Neo-Nazi und dokumentiert einen betrunkenen Streit zwischen ihm und einem Kumpel über die Gräueltaten im Dritten Reich.

Der Korsakow-Film "Vergessene Fahnen" wurde im Februar 2007 auf der Website des Goethe-Instituts gezeigt. Nach einigen Ausstellungen sind Teile des Films heute im Haus der Deutschen geschichte in Bonn zu sehen.

Florian Thalhofer wurde 1972 in Bayern geboren und lebt heute in Berlin. Er ist Erfinder des Korsakow-Systems, einer Software, die eine völlig neue Art des filmischen Erzählens möglich macht. Er ist Meisterschüler der Universität der künste (UdK) Berlin, an der er Visuelle Kommunikation und Experimentelle Mediengestaltung studierte. Er war viele Jahre als Gastdozent an der UdK tätig und lehrte als Gast-Professor 2005/06 am Literaturinstitut Leipzig.